Die Gründung der Real Academia Española (RAE) im Jahr 1713 ist das letzte und erfolgreichste Kapitel einer langen Standardisierungsgeschichte der spanischen Orthografie. Nachdem zweihundert Jahre lang zahlreiche Persönlichkeiten vergeblich ihre Reformvorschläge eingebracht hatten, gründete man nach dem Vorbild der Akademien in Italien und Frankreich eine königliche Akademie, die die Normierung der Schrift sowie die Herausgabe eines Wörterbuchs zur Aufgabe hat.

Die Normierung war (umso) nötig(er) geworden, da in den Jahrhunderten bis zum siglo de Oro die Schriftsprache aufgrund von Lautwandelprozessen sowie einer Relatinisierungswelle (Prestigedenken!) einen immer größeren Abstand (Kloss!) zur gesprochenen Sprache gewonnen hatte. Folgende Änderungen vollzogen sich bis zum 17. Jahrhundert:
- der sogenannte Betazismus, das heißt der lautliche Zusammenfall von /b/ und /v/, die durch die Grapheme <b> und <v> symbolisiert wurden und nun nicht mehr unterschieden werden können.
- die Entsonorisierung von Affrikaten und Frikativen. Folglich werden die zuvor noch in stimmhaft und stimmlos unterschiedenen Varianten von /s/ und /z/, /ʃ/ und /ʒ/ sowie /tʃ/ und /dʒ/ nunmehr allesamt stimmlos realisiert.
- der gehauchte h-Laut in Wörtern, die von einem lateinischen Etymon mit f- im Anlaut abstammen, verstummt nun endgültig (Bsp: lat. filius => altsp. fijo => neusp. hijo). Damit gibt es nunmehr drei Gründe, warum man im spanischen das Graphem <h> schreibt (nämlich den genannten, aus etymologischen Gründen wie z.B. in humilde sowie als diakritisches Erbe aus Zeiten, in denen noch nicht zwischen <u> und <v> unterschieden wurde und das <h> einen Vokal anzeigte, z.B. huevo.

Damit entstehen neue Alternanzen in der spanischen Graphie:
- <b> vs. <v>
- <s> vs. <ss>
- <c> vs. <ç> vs. <z>
- <j> vs. <g> vs. <x>

Man kann erkennen, dass sich hier einiges im Vergleich zum heutigen Spanisch geändert hat. Dies ist auf die Normierungsarbeit der Akademie zurückzuführen, die relativ zügig im Verlauf von 8 (!) Ausgaben der Ortografía und in 5 (!) Ausgaben des Diccionario in weniger als 100 Jahren Ordnung in den schriftlichen Wildwux gebracht hat. Im Einzelnen:
- 1726: Zwar neigt die RAE noch zum Primat des etymologischen Prinzips, der sich unter anderem in der vorläufigen Beibehaltung der griechischen Digraphen <ph>, <th> und <ch> zeigt und somit auch im Beibehalt der Alternanz von <v> und <b> (je nach lat. Etymon). Dennoch wird bereits der Buchstabe ç gestrichen und die Akzentschreibung neu geregelt.
- 1754: Die zweite Ausgabe der Ortografía wirft die griechischen Digraphen, wie der Name schon zeigt, endgültig über Bord. Dafür werden die spanischen Digraphen <ll>, <ñ> (steht historisch für die Dopplung <nn>) sowie <ch> (für /tʃ/ und nicht für /k/) eingeführt.
1763: Die phonologisch nunmehr dysfunktionale grafische Unterscheidung von <s> vs. <ss> (z.B. ssabio) wird gestrichen.
1815: Die Laute /k/ und /χ/ werden je nach lautlicher Umgebung wie folgt verschriftet: /k/ als <c> vor <a>, <o> oder <u>, hingegen als <qu> vor <i> und <e>. Der Reibelaut /χ/ wird vor <e> und <i> mit <g> verschriftet, während vor <a>, <o> und <u> ein <j> steht. Damit entspricht die spanische Graphie in den meisten Fällen dem Stand, der auch heute noch Gültigkeit besitzt.

Im 20. Jahrhundert kommen noch kleinere Änderungen hinzu, so etwa die grafische Dopplung von gespanntem [r] in intervokalischer Position in Komposita, also z.B. antirrobo (1911), die Abschaffung der Tilde auf einbuchstabigen Konjunktionen und Präpositionen (also <a> statt <á>, <e> statt <é>) (1911) sowie die wahlweise Reduktion der ohnehin nicht gesprochenen Anlautbuchstaben in der Kombination <ps->, <mn> und <gn> (z.B. <sicología> statt <psicología>) (1959) und schließlich der Verzicht auf die Tilde im Indefinido der einsilbigen Formen wie <fué> (1959).




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